Das Prostatakarzinom gehört zu den häufigsten Diagnosen, die weltweit in Protonenzentren behandelt werden. Gleichzeitig wurde bei dieser Diagnose weltweit die größte Anzahl von Patienten, konkret mehrere Zehntausend, mit Protonen behandelt. Der Grund dafür ist die relative Regelmäßigkeit und geringe Größe des bestrahlten Volumens sowie die Stabilität der Gewebe, durch die das Protonenbündel durchdringen muss (Muskel und Skelett). Obwohl es sich hierbei um eine in Fachkreisen stark diskutiert Diagnose handelt und zugegebenermaßen derzeit keine randomisierten Vergleichsstudien zur Photonen- und Protonentherapie für diese Diagnose vorliegen, sprechen die Ergebnisse der viele Tausenden von Patienten eindeutig für die Protonen-Radiotherapie.
Zusammenfassung der Ergebnisse von veröffentlichten Arbeiten zum Prostatakarzinom
Die Heilungschancen gemessen an der 5-Jahres-Überlebensrate ohne PSA-Rezidive liegen nach den letzten veröffentlichten Daten für das Niedrig-Risiko-Prostatakarzinom bei 97–99 %, für das Mittel-Risiko-Prostatakarzinom bei 85–95 % und für das Hoch-Risiko-Prostatakarzinom bei 75–85 %. Diese Ergebnisse werden beim Einsatz der Photonentechniken oder bei OP-Eingriffen in der Regel nicht erreicht.
Die Protonen-Radiotherapie weist eine minimale Toxizität (Nebenwirkungen) auf. Die letzten veröffentlichten Arbeiten an großen Patientengruppen beschreiben eine schwere Toxizität der Behandlung bei weniger als 1 % der Krebskranken. Im Vergleich zu den veröffentlichten Daten für die Photonen-Radiotherapie und den operativen Eingriffen ist diese Toxizität minimal und bedeutend niedriger als bei den anderen Methoden.
Im Gegensatz zur chirurgischen Therapie führt die Protonen-Radiotherapie nicht zu Impotenz und verbessert somit erheblich die Lebensqualität der Patienten.
Bei dem Hoch-Risiko-Prostatakarzinom ermöglicht die Protonen-Radiotherapie eine Bestrahlung der Beckenlymphknoten, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine subklinische Schädigung besteht. In dieser klinischen Situation zeigt sich der dosimetrische und klinische Vorteil der Protonen-Radiotherapie am stärksten, dieser besteht in der Schonung der Bauchhöhlenorgane, insbesondere der Darmschlingen.
Bei der Protonen-Radiotherapie handelt es sich um eine vollständig ambulante Behandlung. Bei einem Niedrig-Risiko- und Mittel-Risiko-Prostatakarzinom kann eine stereotaktische Bestrahlung mit einer Gesamtdauer von 10 Tagen eingesetzt werden.
Laut den aktuellen Guidelines (internationalen Empfehlungen) gelten beide Methoden (Photonen- und Protonenbestrahlung) als anwendbar. Die Protonen-Radiotherapie stellt kein neues Verfahren dar – seit 1991 gibt es die erste ausschließlich klinische (nicht akademische) Einrichtung (Loma Linda, Kalifornie, USA) und die Anzahl der mit Protonen behandelten Prostatakrebspatienten beläuft sich auf mehrere Zehntausend. Es handelt sich um eine technologisch absolut ausgereifte Behandlung, seit fast drei Jahrzehnten im klinischen Betrieb erprobt. Während der letzten zwei Jahre sind viele Veröffentlichungen erschienen, die die Ergebnisse und Vorteile von Protonen genau bei dieser Diagnose beschreiben.
Derzeit liegen hervorragende Langzeitergebnisse von großen prospektiven Studien sowie Daten vor, die auf eine höhere Wirksamkeit und Sicherheit der Protonenbestrahlung gegenüber der Photonenbestrahlung (IMRT) hindeuten. Diese Daten kommen vor allem aus den USA und Japan, also aus Ländern, wo die Protonentherapie am häufigsten vertreten ist (in den USA zum Beispiel sind derzeit bereits 26 Zentren in Betrieb, 9 stehen kurz vor der Fertigstellung) und standardmäßig eingesetzt wird. Die überzeugenden Daten und veröffentlichten Arbeiten haben sich im Jahr 2018 auch in den aktualisierten Empfehlungen der Amerikanischen Gesellschaft für Strahlenonkologie widergespiegelt, in dem die Protonen-Radiotherapie bei Prostatakarzinom nach ihren aktuellen Guidelines (NCCN Guidelines v. 4 2018) als standardmäßige Behandlungsmethode bei Prostatakarzinom gilt.
Im Jahr 2016 wurde im New England Journal of Medicine eine entscheidende randomisierte Studie zur Bewertung der Effektivität und Lebensqualität bei chirurgisch behandelten, bestrahlten oder anfänglich nur aktiv überwachten Patienten mit Prostatakarzinom veröffentlicht. Die Studie wurde an 1.643 Patienten durchgeführt und die Überwachungsdauer betrug 10 Jahre. Die Studie bewies folgendes:
- Die Mortalität bei Prostatakarzinom unterscheidet sich bei den einzelnen Gruppen nicht und es konnten auch keine Differenzen bei den Todesfällen unabhängig von Ursachen nachgewiesen werden.
- Bei den chirurgisch behandelten oder bestrahlten Patienten gab es ein niedrigeres Risiko für ein Fortschreiten der Krankheit und die Entstehung von Metastasen.
- Die Radiotherapie hatte einen vorübergehenden negativen Einfluss auf die Sexualfunktionen mit anschließender Besserung und keine Auswirkungen auf die Harninkontinenz. Gastrointestinale Probleme mit anschließender Besserung wurden innerhalb von 6 Monaten nach der Radiotherapie beobachtet, bei den übrigen Modalitäten wurden keine solchen Beobachtungen gemacht.
- Hinsichtlich der Lebensqualität wies die Bewertung nach, dass die chirurgische Behandlung die schlechtesten Ergebnisse hinsichtlich der Sexualfunktionen und der Harninkontinenz brachte; auch wenn mit der Zeit eine gewisse Besserung beobachtet werden konnte, blieben die Ergebnisse der chirurgischen Behandlung in diesem Bereichen während der gesamten Dauer der klinischen Studie an letzter Stelle.